Schwierigkeiten der
Quellenlage
Begriffliche
Vorurteile
Animistische
Schicht
Märchen
und Legenden als legitime Quellen
Schamanismus
und Druidismus
Deistische
Schicht
Themen
Anderwelt
Polarität
Tod / Mütter
Tod
Dreifacher
Tod
Abgetrennter
Kopf
Köpfe
an Ketten
Kopf
und Wasser
Weitere
Kopfgeschichten
Wasser
Baum
und Tod
Wiederbelebung
Schema
zum Wandel der
Seinsformen
Mütter
Ahnenfigur
Älteste
Wesen
Ursprung
des Landes
Fruchtbarkeit
Keuschheitstest;
Jungfernschaft
Die
Nährende
Mutterschaft
Mabon
vab Genoveva
Neues
Leben
Metempsychose
Magische
Macht
Souveränität
Tod
und Mütter
Heilfunktion
Gott
der Tiere
Krankes
Auge
Kranker
Arm
Portiergeschichten
Schweinehirt
Schuhmacher
Weltvorstellungen
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Schwierigkeiten,
welche sich bei der Deutung der von der keltischen Mythologie
überkommenen Bruchstücke ergeben, liegen nicht allein und nicht
hauptsächlich bei der Quellenlage.
Diese ist
bekanntlich lückenhaft, unzusammenhängend, in keinem Falle ursprünglich oder
unverfälscht, sondern stets römisch oder christlich verzerrt, entstellt oder
überlagert.
Von den britischen Druiden und
Druidengeschichten etwa ist kaum etwas überliefert - das aber ist nicht allein
mit der frühen Zerstörung des Druidenzentrums in Mon zu erklären. Vielmehr
sind die Druidenüberlieferungen bis zur Unkenntlichkeit bearbeitet. Liest man
aufmerksam die Texte des Mabinogion
und das wenige andere, etwa die Welsh Triads (Bromwich, 1978), so entdeckt man Druidenberichte hinter den Rittererzählungen und Rittergestalten
wie auch hinter den Göttergestalten. Manche von den Rittern,
auch der Tafelrunde, verfügen über wunderbare Fähigkeiten oder sind weise
Ratgeber; die Wandlungen, die von Gwydion, Arianrod usw. berichtet werden, sind
den irischen Druidenwundertaten zu vergleichen. Die Namen Arthur und Math weisen
auf einen Bären-Kult.
Dennoch sind diese vermittelten Formen,
hinter welchen wir die keltische Mythologie zu suchen haben, nicht das
Hauptproblem, jedenfalls nicht unmittelbar.
Das größere Hindernis bilden unsere
begrifflichen Vorurteile.
Mit den Worten Gott, Götter, Priester, Kult, Jenseits
und anderen übertragen wir auch stets unsere zugehörigen Vorstellungen auf
diese Bruchstücke, und wenn wir keine Entsprechungen finden oder Widersprüche
oder Ungereimtheiten, dann kommen wir nicht weiter. Widersprüche und
Ungereimtheiten lassen sich jedoch leichter verstehen, wenn wir die keltische
Religion als in sich heterogen ansehen.
Es ist eine Schicht, welche dem Animismus
nahe kommt, von einer deistischen Schicht zu unterscheiden.
Die animistische ist
als Schamanismus anzusehen und wird deshalb hier so bezeichnet. Ihr sind als
charakteristisch solche Vorstellungen zuzurechnen, wie die einer Anderwelt, zu
der es aus dieser Welt Übergänge gibt, Übergänge oder Zugangswege (und
Ausgangswege), welche sich etwa in Quellen oder in megalithischen (also von den
Kelten bereits vorgefundenen) Grabhügeln manifestieren; oder wie die Vorstellung von
Transformation, Metempsychose, welche auch verschiedene, aber offenbar nicht
wahllos beliebige Tiergestalten umfasst; weiter das System von Divinationen,
Vorhersagen, Unheilsboten, das wiederum in starkem Ausmaß Tiere oder
Naturgegebenheiten verwendet. Weiter gehören hierher bestimmte Symbole wie der
abgetrennte Kopf, das Wildschwein, das Pferd oder der Rabe, welche für
bestimmte Wesenheiten und Phänomene stehen. Schließlich gehört in diese
Schicht der Druidismus.
Druiden sind nicht die Priester (flamen) oder
die Philosophen, als die sie uns manchmal erscheinen - sie sind dies auch, aber
damit sind nur Teile eines druidischen Ganzen erfasst. Druiden sind späte
Erscheinungsformen von Schamanen und haben als solche Beziehungen zum
Übernatürlichen, Geheimnisvollen, Unverständlichen und Unzugänglichen und zu
wirkenden Kräften.
Voraussetzung für eine solche These ist die
Kontinuität mit anderen schamanistischen Kulturen. Aber ob man nun annimmt, dass von einer anderen vor-indoeuropäischen
Kultur der Schamanismus als
Substrat in die Kultur der einwandernden Kelten ( und anderer indoeuropäischer
Völker) aufgenommen wurde; ob man annimmt, dass die Indoeuropäer, oder einige
von ihnen, ursprünglich schon Schamanismus kannten - in jedem Falle lässt sich
eine vielleicht viele
Völker Europas, eventuell vor allem Nord-Ost-Europas, umfassende Kontinuität leicht denken und damit eine Kontinuität mit asiatischen Völkern
(finnisch- estnisch-ugrische Überlieferungen könnten hier etwas zur
Aufklärung beitragen). Eurasiatische Völker Russlands und Sibiriens sind nun
solche, die den Schamanismus bis in unsere Tage bewahrt hatten (in Kontinuität
wiederum mit mongolisch-türkisch-asiatischen Völkern). Mit diesen also kann es
einen neolithischen oder anderen prähistorischen Zusammenhang
gegeben haben. Da der Schamanismus seit den Zeiten des Neolithikums auch je
spezifische Entwicklungen durchlaufen haben dürfte und unterschiedlichen
Einflüssen ausgesetzt war, ist nicht zu erwarten, dass die Übereinstimmungen
zwischen dem Druidismus der Eisenzeit und dem Schamanismus des 20. Jahrhunderts
groß sind.
Umso wertvoller sind einige vorgefundene
Ähnlichkeiten. Sie fallen insbesondere dann auf, wenn man bereit ist, auch
keltische Märchen, Sagen und Legenden als Quellen druidischer Überlieferungen
anzusehen. Eine Annahme dieser Forderung sollte nicht schwer sein, wenn man
bedenkt, dass für die schamanistischen Völker eine Überlieferung in
Märchenform geradezu charakteristisch ist. Orale Tradition, wie die
Schamanenvölker sie überall kennen, gab es auch bei den vorchristlichen
Kelten: Es waren dies die zahlreichen Geschichten, welche Druiden und Barden
kennen und vortragen mussten. Durch ein gewisses Ausmaß an Gestaltung wurde aus älteren
Überlieferungen ein System von mehr oder weniger kunstvollen Erzählungen, die
in kanonisierter Form religiöses Denkgut und individuelle Erlebnisse (etwa von
Trance-Reisen) von Ahnen, Ur-Druiden usw. aufbewahrten und weitergaben. Manche
dieser Erzählungen haben sich bis in die mittelalterlichen Handschriften hinein
erhalten, wo sie nicht mehr verstanden und daher umgedeutet wurden. Deshalb sind wir
berechtigt, in diesen Texten nach Elementen alter religiöser Vorstellungen der
schamanistischen Schicht zu suchen.
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