Thesen zur Rekonstruktion der keltischen Glaubensvorstellungen 10
Theses on celtic religion   webmaster@gruenverlag.de    Thèses sur la religion des celtes

  Schwierigkeiten der
  Quellenlage

  Begriffliche Vorurteile

  Animistische Schicht

 Märchen und  Legenden als legitime Quellen

Schamanismus und Druidismus

Deistische Schicht

Themen

Anderwelt

  Polarität Tod / Mütter 

  Tod

  Dreifacher Tod

  Abgetrennter Kopf

  Köpfe an Ketten

  Kopf und Wasser

 Weitere Kopfgeschichten

  Wasser

Baum und Tod

  Wiederbelebung

Schema zum Wandel der 
Seinsformen

  Mütter

  Ahnenfigur

  Älteste Wesen

  Ursprung des Landes

  Fruchtbarkeit

 Keuschheitstest; Jungfernschaft

  Die Nährende

  Mutterschaft

Mabon  vab Genoveva

  Neues Leben

  Metempsychose

  Magische  Macht

  Souveränität

  Tod und  Mütter

  Heilfunktion

  Gott der Tiere

  Krankes  Auge

  Kranker  Arm

  Portiergeschichten

  Schweinehirt

  Schuhmacher

Weltvorstellungen

 

  Kontakt

 

 

Eine Reihe von Themen lassen sich nicht in die Polarität Tod-Mutter einordnen. Sie stehen - für uns - unverbunden oder in anderen Zusammenhängen je für sich. Zum Teil lassen sie ihre Zugehörigkeit zur indoeuropäischen Mythologie erkennen, zum Teil zur schamanistischen Schicht. Bei einigen ist die mythologische Bedeutung fraglich und einige sind zwar eindeutig allegorisch oder mythologisch, aber ohne erkennbaren Zusammenhang.

Gerade unter den schwer deutbaren sind aber solche, die als zentral für die keltischen Vorstellungen gelten müssen. (Schuhmacher, Kette und Köpfe, Kette und Vögel, Horn/Geweih, Füße im Schoß).

GOTT DER TIERE

Verschiedene Darstellungen aus dem Umkreis des Horngottes (Cernunnos) lassen vermuten, dass dieser so etwas wie ein Gott der Waldtiere war. Er trägt ein Hirschgeweih, ist von Tieren umgeben, unter anderen von Hirsch, Stier und von der widderköpfigen Schlange.

Auch sein entfernter Namensvetter, St. Kornely gilt als Beschützer von Tieren, und in der bretonischen Sagenwelt ist ein Einsiedler Herr über alle (Wald-)Tiere. Dies wiederum findet sich wieder in der Gestalt von Genovevas Sohn Schmerzenreich, der sich mit den Waldtieren anfreundet.

Eine davon unabhängige Darstellung eines Gottes der Tiere gibt "The Lady of the Fountain", wo Kynon auf einer Waldlichtung einem Herrn der Tiere begegnet.

Dieser Traditionskreis ist nicht indoeuropäisch, sondern lässt auf die schamanistische Schicht durchblicken und ist deshalb als ferne Erinnerung an Jagdzauber und Beschwörung der als heilig verehrten Jagdopfer zu sehen. Vielleicht aber war der Gott der Tiere noch auch bei den Kelten eine Gestalt des Jagdzaubers und der Tier-Beschwörung.

KRANKES AUGE

Das Kranke oder Böse Auge ist - wie manche andere - ein Thema, das auf indoeuropäische Gemeinsamkeiten verweisen kann. Da es in keltischen Überlieferungen oft funktionslos erscheint, ist zu vermuten, dass es sich dort zwar aus indoeuropäischen Quellen erhalten hat, aber auch schon nicht mehr recht verstanden wurde.

Balor hat ein krankes Auge, das sich nur während der Schlacht öffnet, ansonsten muss es mit Instrumenten offen gehalten werden (Ist das etwa eine Allegorie für die magische Macht?) Ähnliches wird ja auch von Yspaddaden berichtet.

Dem König Cormac mac Art wird ein Auge ausgeschlagen, und zwar durch einem Oengus, ein Name der die Brücke schlägt zu Midir, dem durch einen Haselzweig ein Auge verloren geht, das aber wieder geheilt wird. Nuadas Portier, der ja wohl als Druide angesehen werden muss, ist einäugig; die Badb schielt auf einem Auge, ein Hinweis, dass sie für eine Druidin steht.

Das kranke, böse, auffallende oder auch fehlende Auge ist also wohl ein Symbol oder eine Allegorie für die magische Macht und damit für das Druidentum.

KRANKER ARM

Ein kranker Arm ist wohl nur als Hinweis auf eine Schwächung zu verstehen. Er findet sich außer bei einer Berta in einer Legende nur bei Nuada, der ja ohnehin ein schwacher König ist.

PORTIERGESCHICHTEN

Bei seiner Ankunft vor Tara muss Lug einen Wortwechsel mit dem Pförtner bestehen, um vorgelassen zu werden. Ähnliches wird in "Cwlhuch" von Arthurs Schloss berichtet, und in einem Märchen auch von einem Oengus.

Es lässt sich daraus ein gewisses Zutrittsritual erschließen oder auch eine Beschwörung, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Pförtner wohl als Symbol für Druiden anzusehen sind.

SCHWEINEHIRTEN

Die Figur des Schweinehirten ist recht häufig anzutreffen. 

  • Trystan, einer der drei machtvollen Schweinehirten, hütete die Schweine von March Sohn des Meirchion;
  • Pryderi Sohn des Pwyll hütete die Schweine von Pendaran Dyfed in Emlyn;
  • Coll Sohn des Collvrewi, der dritte der drei machtvollen Schweinehirten, hütete Henwen, die Sau von Dallwaran Dalben;
  • der Stier Donn von Cualgne ist das Ende vieler Transformationen, die er als Schweinehirt begonnen hat (ebenso der Stier Findbennach);
  • der Text "Chophur in da muccida" handelt von zwei Schweinehirten.

Es ist jedoch vor allem mangels irgendwelcher Hinweise fraglich, ob es sich um eine Gestalt aus dem mythologischen Bereich handelt und nicht vielmehr um eine gesellschaftlich bezeichnete.

SCHUHMACHER

Die Bedeutung, die der Schuhmacher einmal für die Mythologie gehabt hat, ist völlig verloren und unzugänglich. An verschiedenen Stellen finden sich aber noch Hinweise auf uneinheitliche Bedeutungskomplexe.

Als Lugoves (Plural von Lug?) ist ein Götterpaar überliefert, das auch als collegium sutorum bezeichnet wird. Gwydion und Lleu Law Gyffes treten inkognito als Schuhmacher verwandelt vor Arianrod, Lleu ist in den Welsh Triads einer der Drei Goldenen Schuhmacher - wir haben also drei Hinweise auf Lug als Schuhmacher, eventuell in Verbindung mit Anonymität oder Inkognito.

Diese Verbindung findet sich ebenfalls bei Cassivellaunos, der als Schuhmacher verkleidet nach Rom geht.

Manawyddan ist ebenfalls einer der Drei Goldenen Schuhmacher, tritt im Mabinogi als Schuhmacher (oder nur Handwerker?) auf. Manawyda bedeutet im britisch-walisischen die Ahle.

In der bretonischen Legendentradition ist die Ahle ein Instrument, um Recht zu bekommen (das lässt auf eine Richterfunktion der Schuhmacher-Gestalten schließen), oder auch um jemanden dem Tode zu weihen. (Hinweis auf das Todesurteil und damit wieder auf die Richterfunktion).

In einem bretonischen Märchen hat eine Prinzessin einen Schuhmacher. Der irische Leprecaun wieder tritt als Schuhmacher auf und hütet Schätze.

Der häufige Topos Schuhmacher ist also einmal mit Inkognito (Magie? Reise? Trance? Geheimaktivitäten?), dann aber auch mit Richtertum und auch mit Reichtum verknüpft.

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